Spiel der Woche - KW 44

Klein, aber fein - David's Mona Lisa

VH zeigt hier ein ganz unscheinbares Gegenspiel, was aber hervorragend demonstriert, wie der kleine David (VH) dem großen Goliath (HH) mit feiner Klinge helfen sollte. Dieses Spiel ist ein wunderbares Lehrbeispiel. Es zeigt erstens, dass es sich auch mit einer derartigen Trümmerkarte lohnt, konzentriert und gut zu spielen und zweitens, wie man unaufdringlich einem möglicherweise starken Partner gewissermaßen den Weg freiräumt, um seine Stärke auch zur Geltung zu bringen.

VH weiß mit seinem Blatt genau, dass er ein David ist, der das Spiel nicht umbiegen kann. Deshalb versucht er es auch gar nicht erst. Er legt nur die Fährte für Goliath. Dieser kann dann entscheiden, wie er weiter vorgeht, um das Spiel des Alleinspielers zu Fall zu bringen.

Viele hätten bei diesem Blatt die Kreuz 7 eröffnet. Das Ausspiel von König zu dritt ist prinzipiell durchaus stark, da es oft eine wirkungsvolle Attacke auf eine Ass, 10 zu dritt Farbe des AS darstellt. Aber bei zwei relativ schlechten Trümpfen ist es selten sinnvoll, den Partner zum Stechen zu zwingen. Hat er vier Trumpf, und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ist nur dann ein Sieg für die Gegenpartei im Bereich des Möglichen, macht man statt des AS den Partner schwach.

Deshalb spielt VH von seiner 10 zu viert, seiner einzigen kleinen Stärke. Er sucht den Schuss, den er, wie der Zufall will, gleich auf Anhieb findet. Stellt er seinen Partner auf vier Trumpf, ist bereits jetzt der Gleichstand in Trumpf zwischen seinem Partner und dem AS erreicht. Deshalb wechselt er nach der Trumpfübernahme die Farbe und spielt den Schuss kein zweites Mal. Er weiß, dass das Ass seines Partners gefährdet ist, aber das ist nicht der eigentliche Grund für den Farbwechsel. Das Ass seines Partners ist sehr wahrscheinlich ohnehin nicht zu retten.

Nun spielt er blank. Dafür gibt es zwei Motive. Erstens kann er dadurch seinem Partner eventuell eine 10 freispielen. Würde er jetzt Kreuz öffnen oder Karo nachspielen, käme er so gut wie sicher nie wieder ans Spiel, es ist also seine letzte Chance, die 10 freizuspielen. Hat der Partner tatsächlich die 10, besteht dazu die Möglichkeit, dass der AS schneidet. Dann kann er seinen nunmehr blanken Trumpf-König sogar noch verstechen, womit wir das zweite Motiv benannt hätten. Tatsächlich hat sein Partner sogar das Ass, er war also noch stärker, als VH sicher erwartet hatte.

Nach dem Abstich kommt nun die dritte Farbe ins Spiel. Erneut verweigert VH das Nachspiel von Karo. Warum bloß? Jetzt weiß er sicher, dass das Karo Ass seines Partners tot ist. Dieser würde es nur für den Fall retten können, dass er die Trümpfe des Alleinspielers abziehen kann. Das aber kann er praktisch ausschließen. Hätte sein Partner so starke Trümpfe, hätte er sicher mitgereizt, er hat ja bereits zwei Asse gezeigt.

Der Grund ist ganz einfach. Da er nicht weiß, wie Trumpf steht, überlässt er seinem Partner nun die Entscheidung, wie er das Spiel optimal führen möchte. Mit Kreuz macht er nichts kaputt. Selbst wenn der AS das Ass und die 10 dieser Farbe führt, was naheliegend ist (er würde in MH wohl kaum reizen, wenn er fast gar keine guten Karten hat), würde ein Karoausspiel nicht helfen, da sein Partner nicht abwerfen kann. Aber sein Ass wäre vermutlich nun weg, und der AS muss so gut wie nichts dafür investieren.

Es kann aber durchaus passieren, dass dieses Ass noch benötigt wird, um den AS zum Stechen zu zwingen. Denn dieser hat noch einen Vorteil. Kommt Goliath ans Spiel, muss er agieren und der AS sitzt hinten und sucht sich aus, was er tut. Das ginge zwar nur, wenn er den Kreuz Buben führt - tut er in diesem Fall nicht - aber das kann David nicht wissen. In diesem Fall kann das Ass noch wichtig sein, um den AS zum Stechen zu zwingen.

Bleibt als Fazit festzuhalten, mit großer Eleganz hat David dem Goliath das Spiel leicht gemacht. Das Spiel des AS war zwar deutlich schlechter als erwartet (und hätte sicher auch auf andere Art zu Fall gebracht werden können), aber mit dieser Spielweise wäre auch ein etwas besseres Spiel in Not gekommen.