Spiel der Woche - KW 46

Akrobat schööön - und keiner hat's gesehn

Diese Woche möchten wir euch ein Gegenspiel vorstellen, dessen Schönheit nicht im Ansatz mit 30 Punkten veredelt wurde. Im Gegenteil, die Gegenpartei kommt am Ende gerade mal auf 39 Augen, aber der Vortrag ist ein spielerischer Hochgenuss.

Nachdem MH den Pik ansagte, spielt VH von seiner Viererlänge Herz. Standard, bei dem er den häufig gemachten Fehler vermeidet, die Dame zu spielen. Der AS nimmt sein blankes Ass und spielt einen kleinen Trumpf. Nach diesem Stich sitzt er bei 11 Augen für die Kontrahenten wieder in der Mitte. Nun kommt der erste starke Zug. Der nur zwei Trumpf führende Ausspieler spielt nun nicht die 10, sondern die Dame von Herz. Warum tut er das? Ganz einfach. Ein AS, der Ass und König einer Farbe hält, will damit normalerweise schneiden und wird das in der Regel auch tun, sonst kann er den König ja gleich drücken (sind immerhin 4 wertvolle Augen).

Legt er ihn im ersten Stich nicht, hat er ihn nicht, dachte sich VH und hatte recht damit. Nach dem Abstich kommt wieder Trumpf und der AS darf nach nur 4 gefallenen Augen hinten sitzen. Der Standardzug wäre nun, den Kreuz Buben abzuspielen, um nur einmal ans Spiel zu kommen. Dieser Zug hat aber einen Nachteil. Jetzt wird der eine oder andere vielleicht denken, ja klar, ich weiß, wenn der Partner noch Trumpf hat, hab ich dem AS mit dem Buben sehr geholfen.

Das wäre zwar so, aber der Spieler weiß, dass sein Partner keinen Trumpf mehr haben kann. Welcher sollte das sein? Er gibt die letzte verbliebene Lusche, hätte er ein Bild oder die 10 gehabt, hätte er sie gegeben. Und den Pik Buben kann er auch nicht haben, dann hätte er den Stich mitgenommen, um den AS erneut in MH zu setzen. Das ist also nicht der Grund. Der Nachteil des Trumpfzuges ist, der AS kommt nicht mehr zu kurz.

Der am Stich befindliche Spieler kann sich die Karte nun schon ganz gut ausmalen. Der AS hat sechs Trumpf, ein blankes Ass und vermutlich eine Dreierfarbe. Hat er drei Kreuz, hat sein Partner Kreuz blank. Dafür spricht nicht viel (schon deshalb nicht, weil der Partner mit seinen zwei schwachen Trümpfen ein herausragendes Motiv für ein Blankausspiel gehabt hätte). Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass der AS drei Karo führt. Dann wäre Kreuz Schuss.

Theoretisch ist natürlich auch denkbar, dass der AS noch beide Farben führt. Was aber gäbe es dafür für ein Motiv? Eigentlich nur zwei: entweder er hat noch mindestens ein Ass und kann die dritte Farbe nicht komplett drücken. Dann aber kann die Gegenpartei das Spiel niemals gewinnen, egal ob er das Ass blank und zwei Karten der vierten Farbe hat oder ob sein Ass einmal besetzt ist und er noch eine blanke Lusche führt. Das andere Motiv ist, er führt in beiden Farben jeweils besetzte 10en (Karo zu dritt, Kreuz zu zweit) und entscheidet sich zum Drücken von 20 Augen.

Im letzteren Fall ist das Ausspiel von Kreuz König optimal. Ist Kreuz Schuss, wäre die 9 vermeintlich die bessere Karte. Aber nur vermeintlich. Tatsächlich ist der König auch dann stark. Schauen wir uns doch mal das Szenario an, wie die Gegenpartei überhaupt gewinnen kann, wenn der AS drei Karo hat. Ein Sieg ist nur drin, wenn der Partner entweder Ass und 10 von Karo führt oder Ass und König.

Ansonsten spielt der AS nach dem Abstich von Kreuz entweder die Karo 10 oder den König und die Gegenpartei macht bei einer 2/2 Karoverteilung nur einen Stich auf Karo plus den Abstich des siebten Karos. Nehmen wir mal an, der AS spielt den König, beide ducken und anschließend kommt die Dame. Nun macht die Gegenpartei 14 Augen, hat also zusammen mit den 15, die sie schon errungen hat, 29. Der Abstich der 10 mit dem Kreuz Buben kann also trotz Ladung niemals zum Sieg reichen.

Anders aber ist es, wenn der Partner Ass und König oder Ass und 10 von Karo führt. Nun kommt der besondere Charakter des Kreuz König zum Tragen. Er erklärt einem sehr guten Partner das Spiel. Durch das Ausspiel von Kreuz weiß der Partner schon mal, dass Kreuz die längere der beiden Farben des Mitspielers ist. Die Lusche aber wäre nichtssagend über die Karten, die der am Stich befindliche Spieler in Kreuz führt. Mit dem Ausspiel des Kreuz König erklärt er, dass er die 10 nicht besitzt. Ansonsten hätte sie auf den Kopf gespielt werden müssen! Ihr erinnert euch, ein Sieg ist nicht möglich, wenn der AS noch ein Ass hat.

Hat der Partner also auch keine Kreuz 10 und führt in Karo Ass und König, muss er die gedrückten 20 Augen als Möglichkeit einkalkulieren und das Ass nehmen. Hat er aber in Karo Ass und 10, kann er problemlos auf den König die Lusche legen. Genaugenommen müsste er jetzt sogar tauchen. Da er weder noch hat, nimmt er natürlich das Ass. Er geht ja noch nicht zwingend davon aus, dass das Spiel nicht gewonnen wird, da er nicht weiß, dass sein Partner nur zwei Karo Luschen hat (auch dieser könnte schließlich das Ass haben).

Der Alleinspieler sticht, zieht Trumpf, auf den die Herz 10 gewimmelt wird für 29 Augen, die die Gegenpartei nun liegen hat. Die nächste logische Kartefolge ist Kreuz Dame, Kreuz 9, auf die der AS die Karo 9 abträgt. Macht 32 Augen. Und nun muss natürlich nochmals Kreuz gespielt werden, da der AS ja noch immer zwei Karo in der Hand hat und es sich ja um 10 und Dame handeln könnte. Jetzt aber muss der Partner wieder mitspielen und das macht er vorzüglich. Er darf jetzt nicht die Herz Lusche abwerfen, sondern muss seinen König legen. Denn nun werden die 4 Punkte gebraucht.

Gibt er seinem Mitspieler das Karo Ass, hätte der AS voraussichtlich noch Lusche und Dame. Wirft dieser also die Lusche ab, liegen 36 Augen und das macht mit dem dann folgenden Karo Ass, der 10 und der Dame genau 60. Alles wohlfeil überlegt, aber die Sache hatte einen Haken, der AS führte das Ass. Viel Lärm also um Nichts? Ganz sicher nicht. Denn irgendwann einmal steht die Karte so und dann sind die 30 oder 40 Punkte vielleicht eingefahren. Leider sind die Dinge, die den geringsten Ertrag erbringen, beim Skat meist am schwersten.