Spiel der Woche - KW 01

Das war doch wohl Betrug, oder etwa nicht?

Skat für Fortgeschrittene. Bei diesem Spiel bekam ich anschließend eine Beschwerde, dass die gleich zu Beginn ausgespielte Karo 10 nur durch Telefonieren der beiden Gegenspieler zu erklären sei. In diesem Verdacht fühlte sich der AS noch dadurch bestärkt, dass ca. eine Minute verging, bis der VH-Spieler diese Karte ausspielte. Zugegeben kann eine lange Pause vor der Spieleröffnung ein Indiz für verbotene Absprache sein, bei diesem Blatt und dieser Reizung jedoch hat der Ausspieler auch jeden Grund, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, wie die Karten wohl verteilt sein könnten.

Und das Ergebnis dieser Überlegungen kann sich meines Erachtens durchaus sehen lassen. Denn, soviel sei vorweggenommen, es spricht sehr viel dafür, dass hier tatsächlich alles mit rechten Dingen zuging. Analysieren wir doch mal die Informationen, die der Ausspieler nach der Reizung unter Berücksichtigung des eigenen Blattes hat. Er erkennt anhand seiner eigenen Karten – er führt selbst zwei 7er Farben – dass die 44er Reizung vermutlich kein abgebrochener Nullouvert ist. Er muss also von einer „ehrlichen“ Pik-Reizung ausgehen. Gleichzeitig sollte er dem AS einen halbwegs realistischen Grand zutrauen. Dass beide Spiele nicht wirklich stark sein dürften, sieht er bei dieser Reizkonstellation an seiner Karte. Es ist durchaus nicht die Regel, dass man den Kreuz Buben und zwei 10en zu dritt führt, wenn die anderen in die 40er Bereiche reizen.

Eher unwahrscheinlich ist, dass der Partner in HH den Karo Buben hat. Da er mit oder ohne den Buben ein paar Volle haben dürfte, wie sollte der Grand des MH-Spielers mit nur zwei Mittelbuben aussehen? Insofern wird er dem AS die drei kleinen Buben geben und wahrscheinlich eine relativ lange Farbe. Seinem Passmann hingegen sollte er ohne 4 wenigstens ein Ass in einer anderen Farbe als Pik geben (eher sogar zwei). Stellt er ihn auf eine lange Pik-Farbe, kann er durchaus nicht damit rechnen, auf diese Farbe seine Vollen verladen zu können. Auch der AS hört die 44er Reizung und es spricht manches dafür, dass er faule Pik-Karten drückt.

Berücksichtigt man alle diese Informationen und Annahmen, kann man durchaus schlussfolgern, dass man vermutlich mit vier Stichen zum Sieg kommen muss. Unter diesen Umständen ist es durchaus plausibel, Augen auf den Tisch zu legen. Und gute Spieler sind (oftmals absolut zu Recht) keine Freunde der sogenannten Alibibilder (in diesem Fall könnte das ja nur der Karo König sein). Sie sind meistens, so auch hier, nichts Halbes und nichts Ganzes. Hat der AS das Karo Ass, fehlt der König unter Umständen auch schon zum Sieg, hat er hingegen die blanke Lusche in Karo, ist er oft zu wenig. So betrachtet wirkt das Ausspiel von Karo 10 auf einmal gar nicht mehr so absurd, oder?

So respektabel dieser Spielzug ist, finde ich dennoch ein anderes Ausspiel einen Tick stärker: den Kreuz Buben. Er ist sicher nicht so spektakulär, reduziert aber das Risiko, weil er, je nachdem, was der Partner buttert, sehr zur Klärung der tatsächlichen Kartenverteilung beiträgt. In diesem Fall z.B. hätte das Nicht-Wimmeln eines Pik-Vollen VH ungemein geholfen, sich einen noch besseren Gewinnplan zurechtzulegen. Ich will jedoch nicht verhehlen, dass der Kreuz Bube auch einen Nachteil hat. Es kann durchaus sein, dass der AS bei diesem Ausspiel nicht mehr zu kurz kommt.

Aber bleiben wir bei seiner Spielvariante. Sie ist ja schließlich erfolgreich gewesen. Nachdem der Partner daraufhin das Herz Ass spielte, welches der AS stach, ist das Durchlegen der Kreuz 10 im dritten Stich aus meiner Sicht erkennbar falsch. Bei der 44er Reizung sollte er nun sehen, dass Kreuz Ass beim Partner blank sein muss. Zumal der Spielzug des AS, jetzt Kreuz zu fassen, ebenfalls eindeutig in die Richtung weist, dass er diesen König zu dritt hat und sich hochzustellen sucht, weil er sonst mit seinen drei kleinen Buben zu kurz kommt (wäre diese 8 jetzt blank, wäre ihr Ausspiel einfach nur sehr schlecht).

So wird das Spiel hinten noch mal überraschend eng, obwohl es nach den ersten beiden Stichen so aussah, als ob der AS nicht mal in die Nähe der Gewinnzone hätte kommen können.