Spiel der Woche - KW 08

Kann man ein Spiel zweimal gewinnen?

Eindeutig nein. Ist deshalb aus der Perspektive der Gegenpartei immer alles richtig gewesen, wenn ein Spiel umgebogen wurde? Ebenfalls eindeutig nein. Und das gilt nicht nur, wenn ein Spiel total press gestanden hat (wie der Skatspieler sagt) oder die Gegenpartei nur den berüchtigten toten Hund erschlagen hat. Ein Beispiel, das wunderbar taugt, sich ein bisschen in die Skattheorie zu vertiefen, soll heute Thema sein.

Ich habe mich in der Skatschule ausführlich mit den Vor- und Nachteilen des Blank Ausspielens beschäftigt. Dieses Beispiel aus der Praxis ist wie gemalt, um mit einer der seltenen eindeutigen Aussagen über den Sinn oder Unsinn von Blänkeln im ersten Stich aufzuwarten und dieses auch logisch zu begründen. Die blanke Kreuz 9 von VH versetzt dem AS in MH gleich im ersten Stich den Todesstoß und ist dennoch so grundfalsch, dass es dem theoretisch gut geschulten Skatspieler die Zehennägel hochrollt.

Was will man mit Blank Ausspielen eigentlich erreichen? Bei Günther Jauch bekommt ihr immer vier Antwortmöglichkeiten, von denen eine richtig ist. Hier bekommt ihr auch vier, aber die können alle richtig sein:

  1. ihr wollt anschließend die Farbe stechen
  2. ihr wollt hinterher auf die Farbe wimmeln
  3. ihr wollt auf die Farbe abwerfen
  4. ihr wollt mit der Farbe einfach nur nichts kaputtmachen

Das sind die vier potenziellen Motive für blank spielen. Welches davon trifft denn nun für VH zu? Stechen wird er wohl nicht wollen. Er hat drei echte Monstertrümpfe. Jeder dieser drei macht einen Stich, er hat mit dem Steuermann (Kr B) die Spielkontrolle und das Ass zählt auch noch 11 Augen. Sich mit dieser starken Trumpfkarte schwach zu machen, indem man sich selbst auf Schuss setzt, kann nun wirklich nicht gut sein.

Selbst wenn der AS nur fünf Trümpfe hat – was bekanntlich nur eine Möglichkeit unter mehreren ist – und man verhindern möchte, dass die Trümpfe übereinander fallen, sollte immer versucht werden, den Spieler mit den schwachen Trümpfen stechen zu lassen. Dazu kommt noch, dass der AS in MH sitzt. Führt er in dieser Farbe A, 10, x (die klassische Kombination, die einen Abstich im Prinzip lohnend macht), würde VH für den Fall, dass sein Partner die Farbe nachspielt, ins Leere stechen. Stechen wollen kann also nicht sein Motiv sein.

Was ist dann mit buttern wollen? Da stellt sich die Frage, welche Karte oder Karten er denn buttern will? Er hat nur zwei Volle. Das Trumpf-Ass steht wie eine Mauer und ist – wie das Wort schon sagt - Trumpf, also nicht zum laden, sondern zum stechen. Bleibt das Herz A. In der Herz-Farbe aber fehlt VH die 10 und der K, das Herz A ist also der Klassiker eines sogenannten ungeklärten Asses. Und das Laden eines ungeklärten Asses, so wissen erfahrene Skatspieler und aufmerksame Leser der Skatschule, ist zu einem frühen Zeitpunkt des Spiels, also bei noch nicht geklärter Kartenverteilung eine Todsünde. Bleibt festzuhalten, wimmeln wollen sollte zumindest auch nicht das Motiv für das Blankausspiel gewesen sein.

Was aber könnte VH abwerfen wollen? Er hat die beiden anderen Farben zu dritt, ein Abwurf von seinen drei Karos kann die Gegenpartei höchstens einen Stich kosten und der Abwurf der Lusche in seiner Assfarbe macht überhaupt keinen Sinn. Bleibt nur, dass er nichts kaputtmachen will. Aber davon mal abgesehen, dass das Argument, nichts kaputtmachen zu wollen, zu 90% sowieso nur gültig ist, wenn der AS in HH sitzt, welche Karte außer Herz Ass oder Herz Lusche könnte überhaupt was kaputt machen?

VH hat im Gegenteil eine für dieses Blatt mit drei starken Trümpfen und einer Assfarbe, eine traumhaft schöne Angriffsfarbe, nämlich Karo. Führt der AS von Karo A, 10, x kann er schon eine Trauerrede für die 10 schreiben. Bei Karo sticht auch noch der richtige Spieler, nämlich der trumpfschwache. Und auch sonst gibt es kaum eine Konstellation, in der die Farbe falsch sein kann. Führt der AS mindestens zwei Karo, droht ihm immer, mit dem siebten in MH konfrontiert zu werden, und das mit dem trumpfschwachen Spieler dahinter.

VH hat sich jedoch entschieden, mit dem blanken Kreuz loszustiefeln. Und siehe da, die Farbe war Schuss. Der Skatgott ist halt manchmal etwas anders drauf als sein Chef. Er bestraft kleine Sünden nicht immer sofort. Und auch danach hatte er viel Wohlwollen für VH. Denn dieser verspürte offenbar keinerlei Lust, die für den AS gefährliche Karo Farbe auf den Tisch zu bringen. Stattdessen wurde jetzt unter Herz Ass ausgespielt und dem schon beerdigten Spiel noch mal ein wenig Leben eingehaucht.

Aber auch dieser Versuch blieb erfolglos. Der AS wollte wohl nicht mit der 10 steigen, obwohl sie sowieso weg gewesen wäre, wenn HH das Ass gehabt hätte (als guter Spieler hätte dieser sicher geschnitten, nachdem Kreuz schon Schuss war). Vermutlich hat MH geahnt, dass es auch mit der Herz 10 nicht zum Sieg reicht. Nicht jeder mag Hoffnungsschimmer, die dann nur allzu schnell wieder verglimmen. Man möge mir dieses vielleicht harsch klingende Fazit verzeihen, es ist nicht böse gemeint: aber dieses Spiel hat die Gegenpartei nicht wegen sondern trotz VH gewonnen.