Spiel der Woche - KW 09

Grand auf Umwegen

Auch das heutige Spiel der Woche nimmt direkt Bezug auf einen Abschnitt der Skatschule (Spielkonzepte Kap. 1.3.1.). Es behandelt einen Grand mit 2 in VH, bei dem der AS mit dem Abzug der Buben und dem Abspiel seiner Stehvollen nicht auf 61 Augen kommt. Er muss also gewissermaßen seinen Grand auf Umwegen vortragen. Meist tut er dies, indem er den zweiten Buben steckenlässt, wenn er merkt, dass die Buben nicht verteilt sind.

Auch in diesem Spiel geht VH nach dem ersten Stich über die Fehlkarten. Vorher aber begeht er einen kleinen Fehler. Er hört beim Reizen von MH 30 und von HH 46. Diese beiden Reizungen vermitteln ihm zum einen, dass MH vermutlich wenigstens einen Bauern und eine lange Herz-Farbe führen dürfte, und zweitens, dass die Karte sicher nicht glatt steht. Da die Buben, wenn sie nicht verteilt sind, sehr wahrscheinlich in MH stehen, ist das Ausspiel des Pik B nicht empfehlenswert.

VH hofft bei zwei schwarzen Buben beim Ausspiel des Pik B auf ein Bild oder gar eine blanke 10 von MH, wenn dieser keinen B führt (schließlich kann MH nicht wissen, ob nicht sein Partner den Kr B hat). Da aber bei diesen Reizungen nicht anzunehmen ist, dass HH beide roten Buben hat, ist der Pik B falsch. Er bringt nichts, verrät HH aber die Kartenverteilung, wenn MH zwei Buben hat. Auf Kr B, Ka B muss HH raten, wie die weiteren Buben verteilt sind. Auf Pik B, Ka B gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder der AS hat die drei besten Jungs oder er hat nur die zwei schwarzen B.

Da er die zweite Möglichkeit auf jeden Fall einplant, weiß er nun – wenn VH den zweiten Buben nicht mehr spielt – dass er offenbar das Problem hat, mit seinen eigenen Augen nicht auf 61 zu kommen. Unter Umständen kann er diese wichtige Information nutzen, um dem AS das Spiel schwerer zu machen.

Nachdem VH sieht, dass die Buben nicht kommen, kann er den zweiten nicht mehr ziehen und muss das Risiko eingehen, dass ihm ein Volles weggestochen wird. Macht er auch nicht und spielt stattdessen das He A. Das dient in zweifacher Hinsicht als eine Art „Späher“. Er will erstens überprüfen, ob MH wirklich Herz gereizt hat und hofft zweitens, dass HH vielleicht den He K blank hat.

Wäre letzteres der Fall, könnte er nämlich das Spiel unter Umständen doch aus eigener Kraft gewinnen. Führt jeder Gegenspieler mindestens einen Pik, käme er jetzt mit seinen 14 gedrückten Augen auf 61, wenn er den Buben und die Stehvollen abspielt. Interessant dabei ist übrigens, dass VH nicht wieder den gleichen Fehler wie im ersten Stich macht. Er könnte ja auch statt des Asses die He 10 ausspielen. Damit aber hätte er HH noch mehr über sein Blatt verraten.

Nachdem dieser „Klärungsstich“ das befürchtete Ergebnis brachte, geht der AS über seine lange Pik-Farbe. Er spielt erst das Ass und geht dann mit der Lusche vom Stich, um sich die restlichen Pik hochzustellen. Diese Vorgehensweise hat einen guten Grund. Er nimmt dem MH-Spieler so die Möglichkeit, ihn gewinnbringend in den Buben einzuschieben. Da dieser sieht, dass der zweite Bube nicht gezogen wurde, weiß er, dass die eigenen Augen dem AS nicht reichen. Unter diesen Umständen ist der Einschub mit dem Buben eine echte Option, die aber bei diesem Spielvortrag nicht mehr helfen würde.

Der AS hat also der Gegenpartei das Spiel so schwer wie möglich gemacht. Und das mit Erfolg, wie der weitere Spielverlauf zeigt. Denn der einzige Weg zum Sieg, den es noch gab, war schwer zu erkennen. Für MH war die Fortführung schon nicht ganz leicht, aber er hätte bei guter Überlegung noch darauf kommen können, dass er auf den Pik-Einschub statt des Kr A den He K wimmeln muss.

Die Argumentation dafür ist, dass der AS das Ka A nicht haben kann, ansonsten hätte er seinen Grand sicher mit dem Bubenabzug begonnen. Bei drei Ass-Farben geht niemand das Risiko ein, sich ein Volles wegstechen zu lassen. Er muss sich also nun von seinen schwachen He Karten trennen und hoffen, dass HH erstens kein Kr spielt und zweitens dem AS nicht zu viele Augen zum Stechen anbietet.

Für diesen aber ist es jetzt richtig schwer, danach unter Ka A fortzusetzen. Denn um darauf zu kommen, dass Ka Lusche der Siegzug ist, müsste er erkennen, dass beide Spieler kein Karo haben, weil 10 und K, die einzigen Karten, die ihm in der Farbe fehlen, gedrückt sind. Spielt er aber die Ka 9, kann der AS nicht mehr gewinnen. Sticht er nicht, setzt MH die He D ab und ist beim nächsten Karo-Anspiel Herz frei. Sticht er, gibt MH die He 9 zu. Der AS kann jetzt nur noch He A ziehen, bekommt zwar die D, aber bleibt dennoch bei 58 stehen.