Spiel der Woche - KW 14

Den hätt man vielleicht auch gewinnen können...

Wenn ein Skatspieler bei seinem Spiel bei 60 stehenbleibt, neigt er in der Regel dazu, diesen Umstand als tragisch anzusehen und beklagt sein Pech. Mal davon abgesehen, dass ein Wort wie Tragik beim Skat nichts verloren hat, ist ein Jammern aber nur dann berechtigt, wenn er keine oder zumindest keine eindeutig erkennbare Möglichkeit hatte, das Spiel für sich zu entscheiden. Beim heutigen Spiel der Woche muss sich der AS leider den Vorwurf gefallen lassen, es den Gegenspielern leicht gemacht zu haben, ihm das Spiel umzubiegen.

Doch bevor ich in die Analyse einsteige, ein paar grundsätzliche Worte. Ich habe mir diese Woche ganz bewusst ein Spiel eines nicht so starken Spielers ausgewählt. Ich bin aber weit davon entfernt, diesen Spieler vorführen oder gar lächerlich machen zu wollen. Es geht mir nur darum, aufzuzeigen, wie ihr es besser machen könnt. Und das teilweise nur durch Beachtung einiger einfacher Regeln. Schließlich braucht man bei den meisten Spielen bei weitem kein Spitzenniveau, um sie gewinnen zu können. Man muss nur ein paar grundsätzliche Dinge beachten und ein wenig aufpassen.

Bei diesem Spiel geht das Elend schon bei der Spieleinschätzung und mit dem Drücken los. Nachdem HH bei 22 gegen MH ans Spiel kam, vermutete er wohl eine Herz-Reizung – MH hatte bei 22 gepasst – und schloss daraus, dass er nicht beide Herz-Vollen nach Hause bekäme. Das Problem ist jedoch, dass eine Reizung sehr selten eindeutig ist. Passt ein Spieler bei 22, kann er den Herz meinen, es könnte aber auch ein Pik-Spiel sein. Vielleicht will er nur den einfachen Herz unterbinden (die berüchtigte Hebereizung) oder er zeigt seine Assfarbe an. Oder oder oder... Es gibt halt viele Möglichkeiten.

In diesem Fall war es wohl eine Kombination zweier Absichten. Vermutlich wollte MH über die einfachen roten Spiele heben und sich bei seiner äußerst schwachen Nullreizung noch die Option offenhalten, Pik spielen zu können. Das kann der AS in HH natürlich nicht wissen. Er macht sich nun folgenden Gewinnplan. Er drückt das Herz-Ass, will seine drei weiteren Fehlvollen nach Hause bekommen und seine Trumpf-10 am liebsten auf Pik 10 nach Hause stechen, weshalb er als zweite Karte die Pik Lusche drückt. So hätte er gewonnen.

Das ist prinzipiell ein durchaus überlegenswerter Gewinnplan. Ob es der beste bei diesem Blatt und dieser Reizung ist, darüber mögen andere ihre Meinung äußern. Es ist auf jeden Fall nicht einfach, herauszufiltern, welche Drückvariante die größten Gewinnaussichten verspricht. Bei seinem Plan aber macht er einen fatalen Fehler. Er drückt statt He 10 das A. Und das ist – ich kann es nur immer wieder betonen – Kartenverrat. Wenn ein Spieler von Hause aus He frei ist, wird er das Spiel ohnehin kaum gewinnen können. Und wenn doch, so wird das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht an dem einen Auge scheitern, das er in He verschenkt hat.

Das Problem, dass er sich mit seinem schwachen Drücken eingebrockt hat, sollte sich im Spiel auch negativ auswirken. Nach der Ka-Ansage entschied sich VH , der selbst 5 starke Trumpf führte und seinen Partner aufgrund der Reizung noch im Besitz des Kr B wusste, die blanke Pik 10 zu öffnen (vielleicht mag ja jemand im Forum mal seine Meinung kundtun, ob er in dieser Situation die blanke 10 oder die blanke D besser findet). Der AS wurde dadurch gezwungen, seine weiteren Fehlvollen abzuspielen, was er auch gemacht hat.

Damit hatte er ohne den Skat 49 Augen erspielt. Hätte er He 10 gedrückt, hätte er 50 Augen für alle sichtbar erspielt. Tatsächlich hatte er in beiden Fällen 60 Punkte liegen. Beim Drücken der 10 hätte er dieses Wissen exklusiv gehabt, so wie er gedrückt hat, konnten das alle Beteiligten wissen, wenn sie die Augen des AS mitgezählt hatten. Aufmerksamen Gegenspielern war somit klar, dass sie ab jetzt jeden Stich machen mussten und VH brauchte sich darüber hinaus auch keine Gedanken über seine beiden He machen, er wusste, die standen hoch wie eine Mauer.

Der Kartenverrat des AS hat also seinen Kontrahenten die Spielanalyse erheblich leichter gemacht. Dass sie ohne einen groben Fehler des AS trotzdem nicht so leicht gewonnen hätten, steht auf einem anderen Blatt. Hätte er statt des He B den Ka B gehabt, wäre er nun chancenlos gewesen. So aber hätte er seinen Kontrahenten das Gewinnen noch schwer machen können.

Hätte er den Pik K mit einem beliebigen anderen Trumpf als dem He B gestochen, hätte VH den Stich mitnehmen und anschließend die He 9 spielen müssen. Diese müsste MH nun mit der Trumpf D stechen, dann hätte VH die Schere. Aber so müssten die beiden erst mal spielen. Besonders der He 9-Zug von VH ist zwar leicht, wenn man die Karten sieht und genug Zeit zum analysieren hat, am Spieltisch aber wäre er schon deutlich mehr als gehobenes Spielniveau.