Spiel der Woche - KW 16

Wer das Unvermeidliche vermeiden will

Diese Woche möchte ich mich mit dem Umgang mit einer blanken 10 beschäftigen. Nachdem MH mit seiner Mülltonne aus unerfindlichen Gründen 18 vermeldet hatte (ich brauche wohl nicht zu betonen, dass es sich um einen sehr risikofreudigen Spieler handelt), war er direkt am Spiel. Sein (Über)Mut wurde jedoch mit einer Traumfinde belohnt. Mit den 21 Augen im Stock hatte er auf einmal ein durchaus manierliches Blatt.

Er taufte es allerdings als Kreuz, was ich recht fragwürdig finde. In diesem Fall hätte ich den 4-Trümpfer in Karo bevorzugt. Drückt er Kreuz 10 und Pik D sollte er ohne Abstich leicht gewinnen, da er jetzt schon mindestens 59 Augen hat. Bei 4 Trumpf mit Pik B wird eine Widerlegung des Spiels zur echten Herkulesaufgabe für die Gegner. Er aber wählte den Kreuz und brachte so Spannung ins Spiel.

Betrachten wir uns doch mal die Karten von VH. Was kann oder sollte er aufspielen? Er hat 4 Trümpfe, aber die sind sehr schwach. Und seine Beikarte ist ein ziemliches Desaster. Es wird vielleicht manch einen wundern, aber bei diesem Blatt sehe ich nur einen Hoffnungsschimmer, und das ist die blanke 10!!! Der K zu dritt – in manchen Spielen ein gefährlicher Tiger – ist bei dieser Karte (noch dazu ohne die D) bestenfalls ein niedliches Miezekätzchen mit kleinen Krallen.

Warum ist das so? Normalerweise ist es doch für den AS verheerend, wenn bei einem 5-Trümpfer seine A, 10 zu dritt Farbe von den kurzen Trümpfen attackiert wird. Bei diesen Trümpfen von VH aber wird das kaum passieren. Angenommen, der AS hätte diese A, 10 Konstellation, würde er mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schwarzen Buben ausspielen (schließlich ist das Motiv des Ausspiels von K zu dritt allgemein bekannt).

Führt er den Kr B oder gar beide schwarzen B, klappt der Plan ohnehin nicht, beim Pik B bleibt wenigstens eine kleine Hoffnung. Findet er nun die Übernahme, kann der Abstich noch klappen. Nur, wo sollte die sein? Auf Herz mit 7 und 9 wohl kaum. Bleibt also nur die blanke Ka 10. Und bei dieser funktioniert die Übernahme nur, wenn der Partner das A hat, unter diesem ausspielt und der AS die Farbe bedient. Ganz schön viele Bedingungen, nicht wahr?

Und nun kommt die Pointe der Geschichte. Hat der Partner Ka A und bedient der AS Ka, ist das Ausspiel der blanken 10 eine echte Option, die dem AS gefährlich werden kann. Denn nun wird VH eventuell seine He los, womit seine zwar schwachen, aber zahlreichen Trümpfe zu einer echten Gefahr für den AS werden. Deshalb sehe ich die blanke 10 als die einzige potenzielle Stärke des Blattes (natürlich neben den 4 Atout).

VH hat sich dennoch für ein Ausspiel von seinem K entschieden. Und das muss ja auch nicht verkehrt sein. Schließlich ist das beschriebene Szenario ja nur eine von vielen denkbaren Kartenkonstellationen (die bei diesem Spiel ja auch nicht zutraf). Und nun passiert etwas sehr interessantes: Der AS spielt, nachdem er das A rausgenommen hat, seine beiden Herz-Vollen ab und schiebt dann in Trumpf ein.

Hier sind wir am entscheidenden Punkt des Spiels angelangt. VH, der wieder am Spiel ist, hätte sich nun die Frage stellen sollen, warum der AS so spielt. Hätte er so gespielt, wenn er 5 Trumpf, Pik A, 10 zu dritt und He A, 10 führt? Doch wohl kaum. Dann hätte er sicher das Spiel über Trumpf weitergeführt. Und noch eine Frage hätte sich VH jetzt zwingend stellen müssen. Wohin mit der blanken 10? Er kann sie nur nach Hause bekommen, wenn er sie ausspielt. Er aber spielt stattdessen Pik weiter und macht es HH damit extrem schwer.

Überlegt dieser richtig, muss er dennoch Ka spielen. Auch ein vorheriges Abspielen des blanken Kr B ist eine Möglichkeit, wenn er seinem Partner etwas bessere Trümpfe zutraut. Der 7. He von hinten jedoch kann jetzt nicht gut sein. Aber das Problem ist immer das Gleiche. Sein Partner macht ihm das Spiel schwer, indem er nichts klärt. Und das ist nach wie vor die häufigste Ursache für Fehler beim Skat. Nur so konnte der AS dieses Spiel gewinnen. Er hat zwar, vom Reizen angefangen, eigentlich nichts richtig gemacht, aber die Gegenspieler eben auch nicht. Manchmal ist das auch schon ausreichend.