Spiel der Woche - KW 26

Manchmal ist der Grand leichter

In der Skatschule rate ich in der Regel dazu, den Spatz in der Hand der Taube auf dem Dach vorzuziehen. Schließlich ist die Differenz von einem gewonnenen Spiel zu einem verlorenen so exorbitant, dass es sich oft nicht lohnt, wegen ein paar Punkten mehr einen wackeligen Grand statt eines starken Farbspiels zu spielen. Es gibt aber Spiele, bei denen man aus einem anderen Grund sehr wohl den Grand vorziehen sollte: Sie werden manchmal viel eher gewonnen.

Ob das heutige Spiel der Woche unbedingt ein Beispiel dafür ist, weiß ich – um ehrlich zu sein – gar nicht so genau. Nach meinem Gefühl wird der Herz schon noch etwas häufiger gewonnen als der Grand. Aber sehr häufig, so auch in diesem Fall, spielt sich der Grand viel leichter. Und aus noch einem Grund ist dieses Spiel interessant. Während viele zum Optimismus neigende Anfänger mit diesem Blatt fast automatisch Grand ansagen (sie erkennen die Gefahren nicht), neigen viele fortgeschrittene Spieler aus Vorsicht eher zu der Farbe. Sie haben schon viel zu viele negative Erfahrungen gemacht...

Dieser Grand ist aber ein klassischer „Negativ-Blender“. Er sieht viel schlechter aus, als er ist. Zumal, wenn keine Reizungen vorliegen und der AS in HH sitzt. In VH würde ich den Grand gar nicht gern spielen (vermutlich hätte ich in VH Herz angesagt). Denn in VH ist es gar nicht so leicht, weiter zu spielen, wenn im ersten Stich die Buben nicht kommen. Zieht ihr den zweiten Buben nach und bei Karo steht der K zu dritt, habt ihr ein großes Problem. Den zweiten Buben nicht zu ziehen, ist jedoch auch nicht unbedingt die richtige Lösung.

In HH jedoch muss die Gegenpartei agieren, und dabei kann sie am Anfang viel falsch machen. Kommt VH mit Karo oder Pik raus und MH bedient die Farbe, ist der Grand immer gewonnen. Der AS kann sich, egal welche von beiden Farben kommt, beide Bilder durch Schneiden sichern und die reichen ihm bei 14 gedrückten Augen schon (bei Karo macht er 28 Pkt., 8 auf die Buben und Pik A = 61; bei Pik macht er 18 Pkt, 21 auf Ka und 8 auf die Buben = ebenfalls 61).

Kommt Kr ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Volles gespielt wird. Sticht der AS dieses, gewinnt er immer, wenn die Buben kommen. Kommen sie nicht, gewinnt er immer, wenn seine drei weiteren Vollen bedient werden. Dabei ist er durchaus nicht auf eine 2/2 Sitzung in Ka angewiesen. Es kann ja auch sein, dass die Karos 3/1 oder 4/0 stehen, aber bei dem, der die Buben führt. Und selbst wenn die Ka 10 gestochen wird, hat er noch nicht verloren. Vielleicht kann er ja am Ende in Pik erfolgreich Schneiden oder er bekommt die blanke 10. Und das sind nur einige Beispiele, die zum Spielgewinn führen, es gibt noch mehr, die ich aber nicht alle im Detail hier aufführen mag.

Bleibt noch das He-Aufspiel. Bei einer 2/2 Sitzung ist es belanglos, also gewissermaßen nur das Vorspiel für die entscheidenden Karten. Bei 3/1 hingegen kann es unangenehm werden. Besonders wenn VH blank Herz öffnet, und MH nach dem Ass die beiden verbleibenden He hinterherspielt. Jetzt sollte VH nicht unbedingt die beiden roten Jungs führen. Aber, welcher erfahrene Skatspieler würde beim Grand mit zwei Buben in der Hand blank öffnen? Viele sind es nicht, denn das Blank-Aufspiel kann gerade beim Grand verdammt viel kaputt machen. Man denke nur an die vielen dadurch gewonnenen Springergrands...

So viel zum Thema gefährliche Ausspielkarten. Wer jetzt noch eine längere Abhandlung über den Spielverlauf erwartet, den muss ich enttäuschen. Das Spiel war mit dem Ausspiel entschieden. Zum Schluss nur noch eine kurze Anmerkung. Hätte der AS He gespielt und VH hätte auch Ka geöffnet, hätte er gleich eine knifflige Entscheidung zu treffen gehabt.