Spiel der Woche - KW 31

Gespielt wie Tausende

Nach einer kurzen urlaubsbedingten Pause gibt es nun wieder regelmäßig ein Spiel der Woche. Dem heutigen könnten wir auch den Titel geben: Der unerhörte Schrei nach Hilfe. Es geht also einmal mehr um das Gegenspiel. Und das war – so viel sei vorweggenommen – nur Standard. Standard ist aber manchmal zu wenig. Mit ein wenig Nachdenken hätte die Gegenpartei dem AS deutlich mehr Mühe bereiten können, sein Spiel zu gewinnen.

HH meldete, nachdem MH passte, ausgesprochen mutige, um nicht zu sagen, verwegene 18, bekam das Spiel und wurde vom Stock mit zwei roten Assen verwöhnt. Trotz dieser außergewöhnlich guten Findung war das Spiel jedoch alles andere als ein Ölgemälde. Er drückt die beiden Pik und sagt Kreuz an. (Einschub: Eine interessante Alternative wär gewesen, Kr 10 und He 7 zu drücken und den Dreitrümpfer in Pik!!! zu taufen. Das Spiel ist besser, als es aussieht, aber vermutlich dennoch einen Tick schlechter als der gewählte Kreuz)

Bei dem Kr hat VH mit seinem Rollmops mit zwei einmal besetzten 10en in den Fehlfarben ein wahrhaft schreckliches Ausspiel. Erst recht, wenn der AS wie in diesem Spiel in HH sitzt. Da er in der verbliebenen Farbe Herz wenigstens noch ein Bild führt, entschließt er sich, diese D auszuspielen. Dazu vielleicht ein kurzer Exkurs in die Skattheorie. Früher hieß es, man solle lieber von der eigenen 10 ausspielen, als dem Partner eine 10 zu blankieren. Diese Aussage ist definitiv überholt. Schließlich ist gar nicht klar, ob in einer Farbe. In der man z.B. D, 7 führt, überhaupt eine 10 des Partners gefährdet ist.

Dieses Ausspiel ist dennoch selbst in so einer Situation fragwürdig. Allerdings aus einem ganz anderen Grund: Es verleitet den Partner zu der falschen Vermutung, die D sei blank. Und aus derlei Fehlannahmen entstehen leicht Folgefehler. Im modernen Skat neigen daher immer mehr Spitzenspieler dazu, diese Farbe nicht auszuspielen. Die Alternative ist aber nicht unbedingt, von einer eigenen 10 auszuspielen, als vielmehr eine eigene 10 auf den Kopf zu spielen. Das Problem bei diesen drei 2er-Längen in den Fehlfarben ist nämlich, dass sie für den AS im Allgemeinen EBEN KEIN Problem darstellen. Deshalb ist ein derartiges Risiko in solchen Situationen durchaus zu rechtfertigen.

Aber das nur als kurzer Exkurs. In diesem Spiel wurde wie gesagt die He D geöffnet. Die Entscheidung von MH, den K zu legen, ist sicher okay und die des AS, bei 7 Pkt. nicht zu schneiden, ebenfalls. Der AS spielt nun nicht Tr 7, sondern Tr K!!! auf. Und das weist ihn als guten Spieler aus. Dieser Tr K geht sowieso an die Gegner, so aber hat er eine kleine Chance, nicht in MH zu kommen. Weiterhin kann die Tr 7 noch mal wichtig werden, wenn der AS nämlich zwingend vom Stich gehen muss, um gewinnen zu können.

Die leise Hoffnung, in HH zu kommen, erfüllt sich jedoch nicht. MH spielt, nachdem er mit Ka B den Stich gemacht hat, die He 10 und stellt überrascht fest, dass beide noch Herz bedienen. Anschließend kommt freudestrahlend der siebte He. So hat man es schließlich gelernt. Ist doch prima, wenn man eine Farbe spielen kann, die beide nicht mehr haben und der Partner sitzt hinten und hat die Spielkontrolle. Hat er eben nicht. Das einzige, was er hat, ist ein Sack voller Schwierigkeiten. Hier hat MH gespielt wie Tausende, wie es ein für seine scharfen Polemiken berüchtigter Skatspieler so hübsch auszudrücken pflegt.

MH hätte sich nur eine Frage stellen müssen, um wissen zu können, dass er seinem Partner in diesem Spiel helfen muss. WARUM HAT MEIN PARTNER IM ERSTEN STICH SO EINE MÜLLFARBE ERÖFFNET? Wenn wir die Möglichkeit ausschließen, dass er ein schlechter Spieler ist, gibt es nur zwei Antworten auf diese Frage: entweder er hat nur Müllfarben, dann wird der AS sowieso gewinnen, oder er hat genau das, was er hat: einen Rollmops mit mindestens einer besetzten 10. Er will weder abwerfen noch überstechen, er will seine Probleme gelöst sehen.

Wäre MH in seiner Analyse so weit gekommen, wäre die He 9 außer Trumpf die letzte Karte gewesen, die er ausspielt. Dann hätte er sich nur die Frage stellen müssen, ob er seinem Partner eine 10 freizuspielen versucht oder ihm mit einem Ausspiel unter Pik A den vermutlichen Schuss zeigt. Die richtige Entscheidung wäre letzteres gewesen. Das Ausspiel von Karo wäre aus zwei Gründen auch schlecht gewesen. Erstens kommt der AS nun nicht mehr zu kurz, zweitens besteht für die Ka 10 des Partners sowieso keine ernsthafte Gefahr. Schließlich führt MH die Belle in der Farbe. Selbst wenn die Trümpfe irgendwann im Spielverlauf weg sein sollten, kann er sich problemlos ein Bild blank stellen und damit den Schnitt verhindern.

So wie MH aber gespielt hat, sah sich VH offenbar gezwungen, das angebotene Tr Volle zu überstechen und danach mit Trumpf oben unten vom Stich zu gehen. Dieser Vortrag hat – mit Verlaub – allerdings auch ein wenig was von bravem Alibi-Skat. VH ist lediglich bemüht, so zu spielen, dass ihm niemand einen Vorwurf machen kann. Mit dieser vermeintlichen Fehlervermeidung aber gewann der AS sein Spiel problemlos.

Eine ernsthafte Attacke wäre auch jetzt noch denkbar gewesen. Dazu aber hätte er statt Tr nun eine 10 auf den Kopf spielen MÜSSEN. Der passende Satz dazu lautet, wenn Dir niemand hilft, musst Du Dir selbst helfen. Trifft er die falsche, geht eben nix (so ging ja auch nix), trifft er jedoch durch Zufall die Richtige, hätte vielleicht noch was repariert werden können. In diesem Spiel zwar nicht, da hätte der AS, wenn die Pik 10 mit einer Lusche ausgepielt worden wäre, am Ende auch 62 bekommen, beim nächsten aber vielleicht wieder.