Spiel der Woche - KW 35

Immer diese Siebentrümpfer

Bei der unvermeidlichen Fachsimpelei über Skat gilt es als ehernes Gesetz, als in Stein gemeißelte Wahrheit: Beim Skat werden unheimlich viele Sieben-Trumpf-Spiele verloren. Dabei hat meines Wissens noch nie jemand eine Statistik erstellt, die diese Behauptung untermauert oder widerlegt. Ist sie also nur eine Mär, eine der vielen Geschichten, die man schon deshalb glaubt, weil sie dauernd erzählt werden, obwohl sie statistisch jeder Grundlage entbehren?

Winston Churchill glaubte nur an die Statistiken, die er selbst gefälscht hatte. Und in der Tat, mit der Empirie ist das so eine Sache. Je nachdem, wie schlüssig und sinnvoll die Frage formuliert wird, kommen sehr unterschiedliche und teilweise sehr absurde Ergebnisse raus. Würde man z.B. fragen, ob mehr Sieben- als Sechstrümpfer verloren werden, wäre die Antwort ein klares Nein. Da sehr viel mehr Sechstrümpfer gespielt werden, werden auch deutlich mehr verloren. Schon anders sähe die Antwort auf die Frage aus, ob im Verhältnis von gewonnenen zu verlorenen Spielen die Siebentrümpfer schlechter abschneiden. Aber auch hier würde sich zeigen, dass dem nicht so ist.

Da ein Sieben-Trumpf-Spiel gegenüber einem Sechstrümpfer einen offensichtlichen Vorteil hat – der AS hat eine starke Karte mehr – müsste die Frage aber anders lauten: Bildet das Gewinn-Verlustspiel-Verhältnis diesen Vorteil in etwa ab? Und nun sind wir an dem Punkt, warum die Aussage, dass man unverhältnismäßig viele Siebentrümpfer verliert, richtig ist. Denn dieser Vorteil wird, wie jeder erfahrene Skatspieler auch ohne Statistik weiß, nicht annähernd abgebildet. Dafür gibt es zwei maßgebliche Gründe. Bei ungleicher Trumpfverteilung drohen mehr Schmierungen durch den trumpfschwachen Spieler und schwache Sechstrümpfer werden schon mal gepasst. Wer aber würde mit sieben Trümpfen nicht reizen?

Im heutigen Spiel der Woche widmen wir uns auch einem Sieben-Trumpf-Spiel. Allerdings einem, das – mit sehr viel Glück – gewonnen wurde. Hätte HH nicht im fünften Stich einen schlimmen Fehler eingebaut, hätte sich der AS bei der Pausenzigarette in die Heerscharen der Skatspieler einreihen können, die auf die Frage, wie es denn läuft, kopfschüttelnd antworten: „Ich hab gerade einen Siebentrümpfer verloren...“

Bei von MH gebotenen 22 kam VH ans Spiel und fand mit Ka D und He K mäßig. An den erhofften Grand war nun nicht mehr zu denken, wenigstens aber konnte er durch den dritten Herz ein Zwei-Farbenspiel ansagen. Die Fehlkarte war jedoch schwach und das Spiel weit davon entfernt, sicher zu sein. Spielfehler sollte man sich deshalb nicht erlauben. Aber gleich im ersten Stich begeht er den (im Prinzip) entscheidenden Lapsus. Er spielt von seinen drei kleinen Buben den kleinsten aus.

Dieses Ausspiel ist ohnehin sehr oft fragwürdig. Es bringt nur dann einen Vorteil, wenn ihr möglichst am Stich bleiben wollt, um zwei Mal Trumpf ziehen zu können. Ist das nicht euer vordringliche Ziel beim Ausspiel, verrät der Ka B die Karte. Wird er mit Kr. B mitgenommen, weiß der dritte Mann sofort, dass der AS drei Buben hat. In diesem Fall aber ist der Fehler noch gravierender. Denn mit dem Ka B wird MH bei dieser Kartenverteilung geradezu gezwungen, die Lusche zu legen. Hätte sein Partner auch einen Buben, macht die Gegenpartei so immer drei Stiche, hat dieser den B aber blank, verschenkt MH mit dem Kr B einen Stich.

Im weiteren Spielverlauf ist der AS nun wehrlos. Doch bevor wir auf die folgenden Stiche eingehen, sei nochmal kurz das Argument entkräftet, dass er doch schließlich nicht wissen könne, wie die Karte steht und dass bei anderer Verteilung der Ka B auch richtig sein könne. Er weiß zwar nicht, wie die Karte verteilt ist, aber er kann aufgrund der Reizung von MH zumindest ein wenig spekulieren. Er selbst führt drei Buben, da spricht schon viel dafür, dass MH den vierten hat. Und da dieser nur maximal einen Buben haben kann, sollte man ihm auch das eine oder andere Ass zutrauen. Von daher ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass die Trümpfe genau so stehen.

Dazu kommt, dass er bei einer 2/2 Trumpfverteilung keine Angst vor dem potenziellen Blankaufschlag in Herz haben muss. Zwei Szenarien drohen ihm in diesem Fall. Entweder HH hat beide Trumpf Luschen, dann hätte die Gegenpartei im ersten Stich vier Augen, nach dem zweiten 15, nach dem dritten 40, so MH ein Ass buttert und dann könnte er noch 4 Augen mit seinem Trumpf Ass stechen. Macht 55 Punkte. Führt HH das Trumpf Ass, wäre der erste Stich zwar 11 Augen teurer, der letzte aber dafür um diese 11 Punkte billiger. Das Endergebnis bliebe das gleiche. Der AS kann also bei glatter Trumpfverteilung den Abstich verkraften und muss nicht hoffen, dass der erste Stich geduckt wird.

Bei der gegebenen Verteilung aber macht der Abstich das Spiel kaputt. Der Unterschied ist klar, jetzt kann HH ohne Trumpf auf den Kr B laden. Ansonsten sollte das Spiel gleich laufen. Was es aber nicht tat. Denn aus unerfindlichen Gründen bekam HH im fünften Stich eine Idee. Er wollte wohl seinen Partner nicht auf Schuss setzen. Dieser an sich löbliche Ansatz, den trumpfstarken Partner nicht auf Schuss zu setzen, ist natürlich in diesem Moment vollkommen fehl am Platz.

Auch hier zeigt sich wieder die fatale Wirkung des Ka B. HH muss nach dem ersten Stich wissen, dass der AS drei Buben hat. Wenn sein Partner nun blank aufmacht, ist das ein mehr als deutliches Indiz dafür, dass er einen Trumpfvollen retten will. Bei nur drei Trümpfen sind weder A noch 10 anders zu sichern, aber selbst mit vier Trümpfen könnte er die 10 nur durch Abstich retten.