Spiel der Woche - KW 36

40 Punkte und ein Halleluja

Einen wahrhaft glorreichen Spielzug möchte ich euch heute beim Spiel der Woche vorstellen. Wäre er schief gegangen, wäre mein (Skat-)Held der Woche in den Augen vieler Spieler jedoch der Depp gewesen. Denn mit diesem Zug riskiert MH vermeintlich, dem AS einen Schneider zu schenken. Doch nicht mal das war der Fall, wie eine genauere Analyse des Spiels verraten wird. So vorgetragen, wird das von vielen ungeliebte Gegenspiel zum puren Genuss.

HH bekam das Spiel für 18, konnte sich über den Skat (Pik 10, Ka 7) aber nicht so recht freuen. Immerhin hatte er zu seinen drei Buben jetzt zwei Dreierlängen, was sein Spiel zwar schwach, aber wenigstens nicht hoffnungslos erscheinen ließ. Er entschied sich, den Pik anzusagen und die Belle in Herz zu drücken. Normalerweise sollte man eher die schwächere der beiden Dreierfarben zu Trumpf machen, aber bei 7, 8, 10 in Pik von Stärke zu reden, ist schon fragwürdig. Steht das Ass nicht blank, ist der Kreuz in HH nicht wirklich stärker.

VH öffnete standardmäßig die Ka 9, auf die MH mit dem A steigt und HH die blanke 7 bedient. Das Nachspiel von Ka K ist bei seinem Blatt auch nachvollziehbar, er hat ja noch sehr wenige Informationen über die Kartenverteilung. Erst danach ist durch den Abstich des AS ein bisschen mehr geklärt. Dieser spielt nun den Ka B. VH sollte den eigentlich nicht mitnehmen und stattdessen die Tr 9 legen. Hat sein Partner auch einen Buben, vergibt er die Chance, den AS in MH bringen. Hat der Partner nur einen Trumpf, ist der Pik B sogar nur gut, wenn das die Tr 10 ist. Bei sieben Trumpf mit drei Buben und ohne Tr Volles würde ein AS aber den Kr. B ziehen.

VH aber nimmt raus, und schafft mit diesem prinzipiell nicht sehr guten Spielzug erst die Basis, das Spiel knacken zu können (so grausam und ungerecht kann Skat sein). Hätte er geduckt, hätte der AS nun den Kr B spielen, sich das Tr A einverleiben und dann mit Kr vom Stich gehen können. So hätte er verhindern können, zu kurz zu kommen. Nachdem VH den Stich jedoch mitgenommen hatte und den AS mit Ka 10 erneut auf Schuss setzte, war er de facto schon zu kurz. Da die Gegner mindestens zwei Kreuz Stiche machen müssen, könnte er sich die Kr D nur noch hochstellen, wenn die Gegner auf sein erstes Kr Ausspiel die Farbe zurückspielten. Und das würde ein guter Skatspieler niemals tun.

Der AS wollte sich jetzt verständlicherweise das Tr Ass holen, wenn es denn schon zu seinem Glück bei dem Spieler stand, der auch den Pik B führt. Deshalb spielte er seine beiden Buben. Das klappte auch, aber nun packte MH den Zauberzug aus. Er stellte sich die Kr 10 blank. Ein Zug, der auf den ersten Blick ziemlich absurd aussieht, der aber tatsächlich große Klasse zeigt. Warum ist dieser Spielzug so gut? Er löst die gleiche Kartenanzahl der beiden Gegenspieler in der Farbe auf und gibt MH so die Chance, auf das A seines Partners, so es dieser denn hat, sein He A zu wimmeln.

MH hat bis hierhin ja schon eine Menge Informationen über das Spiel gesammelt. Er weiß, dass der AS sechs Trumpf führt und nur einen Ka hatte. Ihm fehlen also noch drei Fehlkarten. Erfahrungsgemäß führen AS aber nur selten alle drei Fehlfarben. Ist das auch in diesem Spiel so, müsste HH dementsprechend entweder drei He oder drei Kr halten. Sind es drei He, steht die Karte von der 3/1 Verteilung gut für die Gegenpartei. Ob sie damit gewinnen kann, hinge bei erst 19 Augen, die sie bisher liegen haben, davon ab, welchen He VH blank hätte. Wäre es K oder 10, würde das Spiel problemlos umgebogen. Ansonsten wäre kein Sieg drin.

Wie aber sollten die Gegenspieler gewinnen, wenn der AS drei Kr hat? Das ginge ohnehin nur, wenn VH das A führt. Aber das allein ist zu wenig. Bei erst 19 Augen braucht die Gegenpartei alle noch im Spiel befindlichen Vollen, um zu gewinnen. Bei einer 2/2 Verteilung von Kr kann das nie funktionieren. Das Spiel liefe dann folgendermaßen: Der AS spielt Kr, VH schneidet, MH nimmt die 10, macht 29 Augen. Danach spielt MH die He Lusche, die der AS abwerfen muss. Nach diesem Stich hat die Gegenpartei 39 Punkte und jetzt kann VH nur Kr A spielen, welches MH mit dem K bedienen müsste. Dazu die D des AS, macht 57. Das He A fällt an den AS.

Zu dem Einwand, dass die Gegenpartei jedoch Schneider bliebe, wenn der AS das Kr A besitzt, sind zwei Dinge zu sagen. Erstens ist die Chance, ein Spiel umzudrehen, allemal so wertvoll, dass es sich lohnt, einen Schneider zu verschenken. Zweitens verschenkt dieser Spielzug nicht mal den Schneider. Da MH zu der 10 den K führt, kann der AS entweder sein A nur mit zwei He Luschen führen, dann kämen die Gegner auch so raus (spielt der AS von oben, macht die D einen Stich mit Schmierung, zieht er von unten, fallen 13 Augen). Hat aber der AS die D zu dem A, bleiben die anderen sowieso Schneider, da VH auf die 10 eine Lusche geben müsste.

Bleibt nur noch eine Frage: Hätte der AS das Spiel auch gewinnen können? Ja, hätte er, wenn er sich nicht so auf den Abzug des Tr A fokussiert hätte. Er hat nach dem Abstich der Ka 10 34 Augen liegen und muss nun über Kr gehen. Ihm muss klar sein, dass er dieses Spiel ohnehin nur gewinnen kann, wenn Kr 2/2 steht. Geht er jetzt direkt über Kr, verhindert er, dass die Gegner die gleiche Kartenzahl in Kr auflösen. Und verbessert so seine Chance, die zwei benötigten Vollen noch zu bekommen. Der Spielverlauf wäre dann:

5. St. Kr 8, Kr 7, Kr 10;
6. St: He 7, Kr 9, He 10;
7. St: Kr A, Kr K, Kr D

Danach hat der AS Rest und die Gegenpartei 57. Auch mit anderer Spielweise könnten die Gegenspieler den Weg über Kr nicht widerlegen.