Spiel der Woche - KW 39

Das Naheliegende muss nicht immer richtig sein

Beim heutigen Spiel der Woche saßen drei erwiesene Könner am Tisch. Aber auch Spitzenspieler machen Fehler, dafür ist dieses Spiel ein gutes Beispiel. In diesem Fall gab es sogar von beiden Parteien einen Patzer. Zunächst gab der AS sein gewonnenes Spiel aus der Hand, die Gegenpartei – genau genommen VH – wusste diese Chance aber nicht zu nutzen. Sein Vortrag war zwar naheliegend, aber das ist manchmal zu wenig.

Nachdem MH gepasst hatte, kam HH bei 18 ans Spiel. Pik 10 und He 9 im Stock ließen ihn nicht gleich in Euphorie ausbrechen, aber zumindest durfte er in der Hoffnung leben, bei halbwegs normaler Verteilung ein Gewinnspiel gefunden zu haben. Die Gegenpartei aber tat zunächst alles, um diesen Spielgewinn zu vereiteln. VH öffnete blank und baute damit gleich zu Beginn eine gefährliche Falle auf. Käme er mit zwei Trumpf zum Stechen, wäre das Spiel so gut wie verloren.

Das Blankaufspiel und der dadurch drohende Abstich war jedoch für HH leicht zu erkennen, weshalb er auch sofort den Kr Buben zog. Hier zeigt sich einmal mehr, warum es so viel stärker ist, Kr und Ka B zu führen, als Pik und He B. Mit den Mittelbuben hätte er den Abstich mit den kurzen Trümpfen nur verhindern können, wenn VH den Kr B besessen hätte. Durch den Steuermann, wie ich den Kr B gern nenne, konnte diese Gefahr aber leicht abgewendet werden. Dazu hatte er noch das Glück, wieder in HH zu kommen. Hätte MH das verhindern wollen, hätte er einen Trumpfstich verschenken müssen und das was wäre kein guter Spielzug gewesen.

Nun öffnet VH korrekt die lange Herz-Farbe, die sich auch als Schuss herausstellt. Allerdings als teurer Schuss, da sich der AS 14 Augen mit seiner Tr 10 einverleiben kann. Und jetzt ist sein Spiel eigentlich gewonnen. Er hat jetzt 44 Augen liegen und kann sich die Kartenverteilung weitgehend ausrechnen. Dazu hätte er sich allerdings den Spielverlauf vor Augen führen müssen. Das Blankaufspiel hat er ja erkannt, offenbar aber hat er beim zweiten Trumpfstich nicht gut genug aufgepasst.

Dort legte MH auf den He B seines Partners den Tr K. Das deutet stark darauf hin, dass er beide verbliebenen Trümpfe hat, da er sonst riskiert, sein A zu verlieren. Er könnte zwar, wenn er den Pik B nicht selbst hätte, davon ausgehen, dass sein Partner ihn führen müsste, da der AS ihn sonst statt der Tr 8 gezogen hätte. Zwänge der AS aber VH mit der Kr 10 zum stechen, wäre das A vermutlich verloren, da der AS noch den Ka B hat. Er müsste also eigentlich das A legen, wenn die Verteilung so wäre.

Das hat der AS offensichtlich übersehen, weshalb er aus Angst vor dem Abstich den Ka B zieht. Das allerdings ist ein fataler Fehler, da er selbst bei einem Abstich gar nicht verlieren könnte. Denn dieser könnte von VH ja nur mit dem Pik B kommen. Wird ihm aber die Kr 10 mit Pik B weggestochen, bekommt er als Kompensation so gut wie immer Tr A. Die einzige Möglichkeit, dieses zu retten, wäre, wenn MH kein Karo führt, VH nach dem Abstich Ka öffnet und MH vorsticht.

Aber selbst dann ist das Spiel unverlierbar, da MH ja ins Leere sticht. Noch mal zur Erinnerung, der AS hat 44 Augen liegen, mit seinem Ka A sowie mit Tr B und D hat er schon 60 Augen sicher. Er braucht also von der Gegenpartei nur noch ein Bild. Selbst wenn die Gegner die maximale Spielweise erkennen würden (was eigentlich nur mit offenen Karten denkbar wäre), nämlich nach dem Abstich das Ausspiel von Ka 10 und auf den folgenden Kr Stich die Wimmelung von He 10) bekommt der AS beide roten K und hat souverän gewonnen.

Mit dem Trumpfzug aber gibt der AS den Gegenspielern die Chance, doch noch zu gewinnen, da MH ihm jetzt die Trümpfe abziehen kann. Nun aber kommt der Fehler von VH. Er erkennt, dass sein Partner den Pik B führen muss. Also schmiert er folgerichtig und zwar die eigentlich naheliegende Farbe, nämlich die, die der AS nicht hat. Das aber hätte er bei genauer Überlegung nicht tun dürfen. Resümieren wir doch mal kurz, was VH alles über die Kartenverteilung weiß oder zumindest vermuten kann.

Er kennt von seinem Partner den Pik B. Ob dieser noch einen Tr hat, weiß er nicht genau. Die Frage, die er sich aber stellen sollte, ist, kann die Gegenpartei überhaupt gewinnen, wenn der AS sechs Trumpf hat. Und das ist nahezu ausgeschlossen. Selbst wenn dieser null Augen gedrückt hätte, was schon unwahrscheinlich ist, lägen bei ihm 41 Augen. Dazu müsste er in diesem Fall noch Tr A und D führen, womit er bereits 54 Augen hätte. Wie sollte die Gegenpartei in diesem Fall verhindern, dass er über 60 kommt?

Darüber hinaus hat er ein Indiz, dass sein Partner Tr A führen könnte. Der AS hat nämlich Herz mit der Tr 10 gestochen. Hätte er auch das A, wäre es doch anzunehmen, dass er mit diesem gestochen hätte. Sicher ist das zwar nicht, aber er kann zumindest die berechtigte Hoffnung haben. Und dann könnte sein Partner die Trümpfe abziehen. Es ist zwar möglich, dass der AS zwei He gedrückt hat, so dass MH ihn gar nicht mehr in He einschieben kann, aber wäre das nicht der Fall, macht der AS nur noch einen Stich, wenn er auf die beiden Trümpfe Ka 10 und K wimmelt. So wie es ja auch vermutlich gekommen wäre.

MH dürfte nur deshalb nicht den letzten Tr abgezogen haben, weil er nach dem Abwurf der He 10 darin zurecht keinen Sinn mehr sah. Das Ausspiel der He Lusche war nur noch der Versuch, den AS in einen Fehler zu treiben. Ein Versuch, der allerdings nicht glückte. MH stach und spielte seinen Vollen ab, womit er letztendlich doch wieder locker gewonnen hatte.