Spiel der Woche - KW 43

Grand oder Farbe?

Beim Skat stellt sich gar nicht so selten die Frage, ob man mit seinem Blatt lieber Grand oder Farbe spielen sollte. In vielen Fällen würde ich den Spatz in der Hand der Taube auf dem Dach eindeutig vorziehen. In einigen aber lässt sich ein Grand leichter gewinnen. Ein solches Spiel möchte ich euch beim heutigen Spiel der Woche präsentieren. Der AS spielte und gewann!!! jedoch die Farbe. Ob er den Grand genauso gewonnen hätte, ist durchaus nicht sicher. Hat er also alles richtig gemacht und ich verzapfe hier Blödsinn?

Das Reizen war schnell beendet. Auf die von MH gebotenen 18 passte VH, bei der 20 von HH aber strich auch MH sofort die Segel. Diese 20 waren schon recht mutig, aber mit dem Skat konnte HH mehr als zufrieden sein. Kr 10 und Ka A ließen sein Blatt auf einmal viel freundlicher aussehen. Allerdings bekam er in keiner Farbe fünf Trumpf beisammen. Bei 13 gedrückten Augen in Pik und zwei Mal A, 10 zu dritt in Fehl wird er dennoch nicht an einen Spielverlust gedacht haben. Und damit hatte er Recht, wie sich schnell herausstellte. Nach drei gespielten Stichen war das Spiel gewonnen.

Die Frage sei jedoch erlaubt, ob die Gegenpartei bis dahin alles richtig gemacht hatte. VH ist beim Ausspiel sicher kein großer Vorwurf zu machen. Ich öffne zwar höchst ungern von einer Zweierfarbe und hätte deshalb lieber Ka D ausgespielt, aber auch die kann alles kaputt machen. VH hat einfach ein schweres Ausspiel und dürfte sich nach der Herz-Ansage ohnehin nicht viele Hoffnungen gemacht haben. Ganz im Gegensatz zu MH. Warum dieser aber auf den Pik K mit dem Ass gestiegen ist, weiß ich beim besten Willen nicht. Er hat zwei blanke Farben und 5 Trümpfe. Wie viele Optionen will er noch haben, sein Ass nach Hause zu bekommen?

Auf beide blanke Farben kann er das Ass eventuell seinem Partner wimmeln und bei seinen vielen Trümpfen besteht unter Umständen sogar die Chance, dem AS seine Trumpfkarten abzuziehen und zum Ende hin das Ass als Stehkarte zu haben. Natürlich wird MH zur Begründung sagen, er wisse doch auch nicht, wie die Karte steht und schließlich könne es doch sein, dass er nur im ersten Stich die Chance hat, sein Ass heimzubekommen. Und außerdem, wenn er eine Lusche gelegt hätte, hätte der AS doch auch unter Umständen billig abwerfen können.

Mit einer solchen Argumentation aber kann man beim Skat (zumindest zu Beginn eines Spiels) nahezu jede Karte rechtfertigen. Skat ist und bleibt jedoch ein Spiel der Wahrscheinlichkeiten und diese sprechen eindeutig gegen diesen Spielzug. Es ist allgemein bekannt, dass der AS in den meisten Spielen bemüht ist, mindestens eine Farbe wegzudrücken. Ebenso ist es sehr häufig der Fall, dass ein Alleinspieler, der 15 Augen stechen kann, sein Spiel automatisch gewinnt. Und mit fünf eigenen Trümpfen im ersten Stich dieses Risiko einzugehen, wäre auch dann schlecht gespielt, wenn es sich hinterher als der einzig gewinnbringende Zug erwiesen hätte.

Bei diesem Spiel siegte die Wahrscheinlichkeit. Der AS stach die 15 Augen und gewann leicht. Hätte MH geduckt, hätte er auch gestochen, aber vermutlich verloren. So einfach ist Skat manchmal. Spätestens nach einem solchen Spielverlust aber hätte sich der AS vermutlich selbst die Frage gestellt, ob er nicht besser Grand gespielt hätte. Denn dafür spricht vor allem eines: beim Grand haben die Gegner weit weniger Trümpfe, um die zahlreichen Vollen zu stechen, die der AS am Ende gerne in seinem Stapel hätte.

Wie aber sollte man diesen Grand drücken? Die meisten Anfänger würden sicher He und Pik 10 in den Skat legen. Das halte ich jedoch für sehr fragwürdig. Der Vorteil des Grands gegenüber der Farbe ist, dass die Kontrahenten weniger Trümpfe haben. Dieser kommt aber nur zum Tragen, wenn der AS möglichst zeitig dazu kommt, seinen Buben zu ziehen. Ist er – wie in diesem Fall – kein Ausspieler, muss er also versuchen, an den Stich zu kommen, um zwei der drei Buben der Gegner aus dem Spiel nehmen zu können. Drückt er sich jedoch eine Farbe schwach und diese wird eröffnet, ist dieser Plan hinfällig.

Deshalb würde ich He 10 und Kr 7 drücken und so in jeder Farbe eine gewisse Stärke behalten. Ob das richtig ist, wissen wir hinterher, es geht aber – noch mal sei es betont – um Wahrscheinlichkeiten. Wer Sicherheit sucht, sollte sich vom Skatsport fernhalten. Wir können jetzt nicht alle potenziellen Spielverläufe durchprobieren, aber es ist vielleicht ganz hilfreich, einen zu „konstruieren“, der auf der gleichen Eröffnung wie bei dem angesagten Herz-Spiel basiert.

Demnach fielen im ersten Stich 15 Augen in Pik für die Gegenpartei. Spielt MH jetzt Pik zurück, was durchaus denkbar, ja sogar wahrscheinlich ist, hätte der AS seine 10 zu Hause und kann bei 20 liegenden Augen nun den Buben spielen. Danach droht jedoch der 7. Pik. Auf den muss der AS Ka 9 wegwerfen, VH wird wohl den Ka K wimmeln. Danach dürfte MH mit He A fortfahren, was VH erlaubt, auch die Ka D zu laden und auf den nächsten He kann er sich endgültig in Ka freiwerfen.

Der AS hätte nun 24 Augen und spielt jetzt Ka A, welches MH sticht. Danach aber hat der AS Rest. Zu seinen drei Vollen bekäme er noch die He D und die beiden Kr Bilder. Und das macht am Ende 65 Augen und einen hübschen Sieg, der auch noch mit stattlichen 72 Punkten (plus 50 für das gewonnene Spiel) entlohnt wird.