Spiel der Woche - KW 45

Der goldene Farbwechsel

Beim heutigen Spiel der Woche möchte ich einmal mehr ein wunderbares Gegenspiel belobigen. Und dieses Mal mussten sogar beide Partner genau aufpassen und alles richtig machen, um dem Alleinspieler zumindest kurzfristig die Laune zu verderben. Als fairer Sportsmann sollte er jedoch die Größe besitzen, die exzellente Leistung der beiden anzuerkennen. Und wenn man dazu in der Lage ist, tut die Niederlage schon nur noch halb so weh.

Auf die Passe von MH bot HH 18, die VH hielt. Daraufhin war er am Spiel. Mit der Findung von Kr A und Ka K durfte er einigermaßen zufrieden sein. Er hatte nun zwar keinen Riesen-Pik, aber doch einen, den man als Ausspieler gewinnen will. Gedrückt hat er standardmäßig die beiden He und eröffnet mit Pik 7, auf die MH den K und HH den Ka B legte. Diese Kartenfolge hat für den AS nur wenig Aussagekraft hat, da es einen Haufen Trumpfkonstellationen gibt, bei denen der Stich genau so abgelaufen wäre, um den AS in MH zu setzen.

HH spielt nun die Ka 8 aus. Wäre ich der AS gewesen, hätte ich nun die 9 genommen, insbesondere da HH 18 gereizt hatte (die 18 muss nicht viel besagen, wenn dann aber tatsächlich Ka raus kommt, hat sie häufig eine Bedeutung). Das Schneiden mit nur 5 Trumpf zu Beginn eines Spiels in MH ist so eine Sache, weil einem häufig später ein Ass abhanden kommt. Aber in diesem Spiel hatte der AS schon einmal Trumpf gespielt (was seine Chancen deutlich erhöht, das A auch mit Schneiden nach Hause zu bekommen) und dazu bestand aufgrund der Reizung die gar nicht so geringe Gefahr, dass ihm dieses Ass gerade dadurch verlustig geht, dass er nicht schneidet (wenn MH kein Ka hat).

Der AS aber nahm das A, hatte Glück, dass MH bedienen musste, und spielte wieder Trumpf. Nach diesem Stich war die Trumpfkarte für den AS weitgehend geklärt. Den Kr B würden nur sehr wenige Spieler in HH nehmen, wenn er nicht blank wäre (das wäre m.E. ohne konkreten Angriff auch nicht angemessen, nur um den Spieler in MH zu bringen). Und nun macht HH etwas sehr interessantes. Er wechselt die Farbe. Warum tut er das, werden sich jetzt sicher manche fragen? Schließlich hat er die Attacke auf Ka doch vorbereitet? Warum reitet er sie jetzt nicht?

Ich glaube, er hatte dafür mehrere, und zwar ausschließlich gute Gründe. Erstens hat er registriert, dass der AS trotz Reizung nicht geschnitten hat. Gar nicht so selten ist der Grund dafür ganz einfach: Er konnte gar nicht schneiden, weil er das Ass blank hat. Ein Indiz für diese These könnte auch sein, dass der AS nach dem Stich erneut eine Trumpf Lusche ausspielte, sich also gar keine Mühe gab, es den Gegnern schwer zu machen, den aus ihrer Sicht richtigen Spieler an den Stich kommen zu lassen. Das ist ein klassisches Motiv: Spielt ein AS nach dem Einschub in ein Ass einen kleinen Trumpf, will er oft die 10 sehen, um sie zu stechen.

Träfe diese Vermutung zu, wäre das Nachspielen der Ka 10 fatal, sie wäre verloren und HH ist als trumpfschwacher Spieler ja nicht mit zahlreichen Vollen gesegnet, was diesen Verlust verkraftbar erscheinen ließe. Der zweite Grund ist, dass HH mit 10, D zwei Stiche gegen K, 9 machen kann, wenn der AS diese Karten führt und selber mit ihnen antreten muss. Bei noch vollkommen ungeklärter Karte und gerade mal 11 Augen, die die Gegenpartei liegen hat, kann das durchaus zwingend notwendig sein, um gewinnen zu können.

Und damit wären wir automatisch bei dem dritten ganz wichtigen Punkt. Wie schon gesagt, die Karte ist für die Gegenpartei noch vollkommen ungeklärt. Im Blindflug aber lassen sich nur sehr schwer richtige Entscheidungen treffen. Mit dem Ausspiel einer zweiten Farbe könnte sich das ändern. Zumal HH mit einer 7, 8, K- Farbe in der Regel nicht viel kaputt machen kann, wenn der AS in der Mitte sitzt. Und siehe da, HH hat das Glück, mit He 7 tatsächlich den Schuss zu finden. Dazu fällt bei seinem Partner die D, womit er schon mal weiß, dass der AS die 9 gedrückt hat.

Dieser wiederum konnte sich keine unangenehmere Karte auf dem Tisch vorstellen als die He 7. Denn mit dem Wissen, dass die beiden verbliebenen Trümpfe der Gegner hinter ihm stehen und seiner jetzt sehr schwachen Ka Farbe (er muss ja davon ausgehen, dass HH 10 und D führt), sieht sein Blatt auf einmal gar nicht mehr so schön aus. Seine Tr 10 ist in Gefahr und er hat nach dem Abstich gerade mal 35 Augen liegen. Allerdings ist wenigstens sein Pik B durch den Abgang vom Kr B zum Chef befördert worden. Er weiß also, dass er gewinnt, wenn er Kr A und Tr 10 heimbekommt.

In dieser Situation macht er genau das Richtige. Er spielt Kr A und schiebt anschließend in Kr in der Hoffnung ein, dass er nach hinten kommt. Dann nämlich hätte er sofort gewonnen. Klappt nur nicht, er kommt wieder in die Mitte. Deshalb hat er aber noch lange nicht verloren. Die Gegenpartei muss immer noch alles richtig machen. Sie braucht, um gewinnen zu können, alle drei noch im Spiel befindlichen Vollen. Spielt der am Stich befindliche HH jetzt noch mal Schuss, gewinnt der AS im Schweinsgalopp.

Diesen Gefallen tut ihm HH aber nicht. Er spielt die Ka 10, so dass sein Partner das He A laden kann. Aber auch jetzt ist das Spiel noch nicht entschieden. Sein Partner muss nun unbedingt im Kopf haben, dass die Tr 10 vom AS noch brennt und sich weigern, den folgenden Einschub in Ka zu stechen. Und das macht er auch. Meinen Glückwunsch, meine Herren, es hat großen Spaß gemacht, euer perfektes Gegenspiel anschauen und kommentieren zu dürfen.