Spiel der Woche - KW 48

Grand mit 4

Das heutige Spiel der Woche taugt in seinem tatsächlichen Spielverlauf bestenfalls zum Langweiler der Woche. Es war ein ordentlicher Grand mit 4, der im Gewinnfall zwar alle Skatspieler, die ihn bekommen, froh macht, aber nur selten besonders spannend verläuft. Dieser Grand ist aber bestens geeignet – speziell für nicht ganz so versierte Spieler – ihre Theoriekenntnisse zu überprüfen und eventuell ein wenig zu vertiefen.

VH bekam das Spiel ohne Reizung und freute sich über den vierten Buben im Skat. Damit war die Grandansage natürlich vorprogrammiert. Aber Achtung: dieser Grand ist nicht theoretisch (also nicht unverlierbar). Egal, wie VH drückt, er steht mindestens auf 60 für die Gegenpartei. VH drückt nun die blanke Ka 10 und den Kr K, also die meisten ungesicherten Augen, so dass die Kontrahenten tatsächlich nicht mehr als 60 Augen bekommen können (sie können in den drei Stichen, die sie machen, maximal ihre drei Asse, ihre zwei 10en und einen K nach Hause bekommen. Macht mit der D des AS genau 60).

So zu drücken, klingt erst mal schlüssig und die meisten routinierten Skatspieler würden diese Drückvariante sicher ohne großes Nachdenken befürworten. Aber ist sie deshalb auch richtig? Ich denke nicht. Bevor ich jedoch darauf eingehe, wie ich drücken würde und die Gründe dafür erläutere, möchte ich einige andere Aspekte dieses Spiels behandeln.

Ich habe in der Skatschule mehrfach darauf verwiesen, wie vorteilhaft es beim Skat in der Regel ist, in VH zu sitzen. Auf dieses Spiel trifft das ganz und gar nicht zu. Ganz im Gegenteil, in diesem Spiel ist die VH ein Riesennachteil. Muss ein Gegenspieler bei dieser Konstellation ausspielen, kann er alles falsch machen. Selbst wenn die Verteilung so ist, dass die Gegenpartei tatsächlich auf die besagten 60 kommen kann, kann er gleich mit seiner ersten Karte einen Spielgewinn unmöglich machen. Spielt er z.B. von seiner bestellten Kr 10 aus oder kommt er mit Karo, ist das Spiel für den AS sofort gewonnen.

Dadurch, dass der AS am Ausspiel ist, können die Gegner keine falsche Karte bringen. Er muss selbst mit seinen Schwächen auf Arbeit kommen und kann – das kommt noch erschwerend hinzu – dabei seinerseits Fehler machen. Deshalb ist VH bei diesem Blatt die schlechteste Position. Und der AS beginnt auch gleich mit einem schlimmen Fehler. Er spielt den He B aus. Das ist typischer Dummenfang. Er spekuliert darauf, dass MH ein Volles wimmelt. Das kann zwar passieren, ist aber nicht sehr wahrscheinlich. Sehr viel häufiger wird er mit diesem Spielzug einen Spielverlust überhaupt erst möglich machen, z.B. wenn ein Spieler eine blanke He Lusche entsorgt.

Das Ausspiel eines von vier B führt fast wie immer dazu, dass die zwei abgeworfenen Farben jetzt deutlich ungünstiger für den AS stehen und das kann die vage Möglichkeit, ein Volles spendiert zu bekommen, niemals aufwiegen. Bei diesem Blatt ist es sogar ein extremes Spiel mit dem Feuer. Aber der AS hatte Glück, es passierte nichts Dramatisches. Doch gleich anschließend macht er den nächsten Fehler. Er spielt seine Blanke aus. Damit macht er es seinen Gegnern leicht, 21 Augen zu machen, wenn die Kr Vollen verteilt sind.

Das aber ist nicht mal das größte Problem dabei. Viel Schlimmer ist, dass bei ungünstiger Herzverteilung nicht mehr falsch gebuttert werden kann. Geht der AS mit seiner Zweierlänge los, hat er bei entsprechender Sitzung eine knapp 50 %ige Chance, dass die falsche Farbe gewimmelt wird. Deshalb ist es bei derartigen, fast theoretischen Spielen immer besser, mit der Zweierfarbe zu starten.

Bei dieser Drückvariante gehört also die He 7 auf den Tisch. Und damit sind wir bei meinen Gründen, in diesem Spiel anders, nämlich neben der Ka 10 die He D zu drücken (und dann logischerweise mit Kr 7 zu starten). Mit dem Kr K auf der Hand können die Gegner zwar 61 statt 60 Augen machen, aber was macht das für einen Unterschied? Einen ziemlich geringen. Nur wenn die entsprechende Farbe 5/0 steht, kann es bei Lusche D sein, dass das eine Auge, welches der AS weniger abgibt, zum Spielgewinn führt, weil der wimmelnde Spieler keinen der beiden verbleibenden K führt.

Statistisch betrachtet, steht eine Farbe, in der ihr zwei Karten habt, aber wesentlich häufiger 4/1. Ist die blanke Karte bei diesem Spiel eine Lusche, ist das Spiel gewonnen, egal ob ihr einen K oder eine D mit abgebt. Hat die Blanke jedoch einen Zählwert, besteht Gefahr. Und bei einer dieser drei Konstellationen kommt der Vorteil von Lusche K zum Tragen. Ist die Blanke nämlich die 10, kann der Spieler mit der Viererlänge bei Lusche D problemlos den K dieser Farbe nachspielen. Bei Lusche, K hingegen müsste er erst mal mit der D tauchen.

Und nun müsste der Spieler mit der blanken 10 die Übergabe mit 21 Augen finden, was selbst für die Besten praktisch nicht zu erkennen ist. Zumal sie womöglich gar nicht existiert. Denn wenn er von der entsprechenden Farbe das Ass statt der 10 hat, ist eine derartige Übergabe gar nicht möglich. Nun wird der eine oder andere sicher einwerfen, es sei akademisch, hier wegen einer einzigen denkbaren Konstellation zwei Seiten Abhandlung zu schreiben. Das aber sagt derjenige nur, bis er mal wegen genau dieser einen möglichen Kartensitzung verloren hat. Und spätestens, wenn er traurig auf die Differenz von 460 Punkten in der Liste schaut, weiß er, warum er sich über diesen Grand mit 4 vielleicht ein paar Gedanken hätte machen sollen.