Hula in Berlin – Unterm Pflaster liegt der Strand

Das Skatturnier Herren im Rock diesmal mit Südsee-Flair

Die 'Hulas' verbreiteten mit ihrem sonnigen Gemüt überall gute Laune.

Samstag 6. April, 17.00 Uhr. Von der schneebedeckten Straße drücken sich frierende Nasen an die Scheiben des Columbia Eck in Berlin Neukölln. Die sichtlich verwunderten Passanten sehen neun leicht bekleidete, aber ungewöhnlich kräftig gebaute Mädels, die in bedächtigem Rhythmus zu Paul Kuhns Evergreen „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ ihre Hüften wiegen. Im Schankraum sorgt die Showeinlage mit ihrem einzigartigen Charme derweil für ein Ansteigen der gefühlten Temperatur auf weit über 37° Celsius. Die Stimmung der begeistert applaudierenden Ladykracher und anderer amüsierwilliger Damen erreicht ihren ersten, aber beileibe nicht den letzten Siedepunkt.

Herren im Rock heißt das etwas andere Skatturnier, das alljährlich zur Unterstützung der Skatjugend Skatspieler anlockt, um sich für den guten Zweck ganz von ihrer weiblichen Seite zu zeigen. Die weiteste Anreise hatten dieses Jahr vier Skatfreunde aus Fröndenberg, die 564 km zurücklegten, um dem denkwürdigen Ereignis beizuwohnen. Sie trugen durch ihr Kommen maßgeblich dazu bei, dass der ausbleibende Frühling am Samstag kein Thema war. Im modisch bunten Hula-Look verwandelten sie neben einigen Berliner „Frauenzimmern“ das Columbia Eck schon vor Turnierbeginn in eine Südsee-Oase mit Strandbar-Charakter.

Nicht alle Ein-Tages-Damen präsentierten sich im Hawaii-Outfit, aber das tat der sonnigen Laune keinen Abbruch. Hauptsache unbeschreiblich weiblich ist die Devise der einladenden Ladykracher, die hosentragenden Herren an diesem Tag konsequent die Rote Karte zeigen. Einzige Ausnahme: Dieter Galsterer, der Vorsitzende des LV1 vom DSkV, der als Turnierleiter zum unumschränkten Hahn im Korb avancierte. Ob ihm darob der Kamm schwoll, bleibt sein gut gehütetes Geheimnis. Er ließ es sich auf jeden Fall nicht anmerken.

Ein Skatturnier wider den tierischen Ernst

Die bunten Wimpern ließen Carola Saling offenkundig kalt.

Womit wir beim Thema wären, denn Skat gespielt wurde natürlich auch. 2 mal 36 Spiele absolvierten die 14 Teilzeit- und 10 Vollzeitdamen mit teilweise viel Experimentierfreude und Phantasie. Und fast alle hatten selbst bei Niederlagen ein Lächeln auf den Lippen. Bei normalen Skatturnieren undenkbar, bei Herren im Rock nur zu verständlich: Schließlich geht jeder Euro für ein Verlustspiel an die Jugend. Kein Wunder, dass somit an den Tischen auch bei blinden oder arg optimistischen Reizungen kein Stress aufkam. Schließlich galt es, die Kassen klingeln zu lassen.

Das Turnier endete mit einer Überraschung. Die zahlenmäßig überlegenen Teilzeitdamen mussten trotz prominenter und spielstarker Besetzung der holden Königsbiene alias Sabine König den Vortritt lassen. Nach hartem Kampf wurde die sympathische Berlinerin unter tosendem Applaus zur verdienten Siegerin gekürt. Stolz und sichtlich gut gelaunt stiftete sie – wie alle weiteren Preisträger – ihren Gewinn dem guten Zweck.

Diese schöne Tradition bei Herren im Rock zeigt einmal mehr, dass viele Skatspielerinnen und Skatspieler durchaus nicht dem Klischee entsprechen, dass Einzelsportarten reine Egoisten hervorbringen. Im Gegenteil, bei gegebenem Anlass sind die mancherorts gescholtenen Zocker sehr großzügig. Und dass die liebe- und mühevolle Organisation der Ladykracher zugunsten der aufwendigen und kostspieligen Jugendarbeit allemal der richtige Anlass ist, darüber waren sich alle Anwesenden von Beginn an einig.

Eine amerikanische Versteigerung und die Wahl zur schönsten Dame

Mathilda fand es unschicklich, dass die allseits bewunderte Franka Zigarillo rauchte. Der Beginn eines neidvollen Zickenkriegs?

Doch mit Abschluss des Skatturniers war die Veranstaltung noch lange nicht beendet. Es folgte die zweite Runde des Spendenmarathons. Sabine Lange von den Ladykrachern stiftete ein Überraschungspaket, das mittels einer amerikanischen Versteigerung einen neuen Besitzer suchte. Eine amerikanische Versteigerung basiert auf dem Prinzip, dass alle Mitwirkenden so lange jeweils einen Euro bieten, bis kein Angebot mehr kommt. Der Letztbietende bekommt dann den Preis.

Und diese Versteigerung sollte es in sich haben. Nach schleppendem Beginn, der bei der staatlich geprüften Auktionsleiterin Carola Saling schon Befürchtungen aufkommen ließ, die Kinder und Jugendlichen müssten für ihr Frühstück bei der nächsten Meisterschaft Beeren sammeln, steigerte sich die versammelte Damenschar in einen regelrechten Bietrausch. Immer wenn Carola in ihrer unnachahmlichen Art die Zauberformel „zum Dritten“ erklingen ließ, flogen zahlreiche Hände in die Höhe, die eine neue Bietrunde einläuteten. Erst als schon Befürchtungen aufkamen, die Auktionärin müsse wegen Erschöpfung abgelöst werden, fand das Überraschungspaket doch noch einen neuen Eigentümer.

Die Mühe aber hatte sich gelohnt. Weit mehr als 400 € waren am Ende zusammengekommen. Doch es stand noch die Wahl zur schönsten Dame des Tages aus, für die die Wirtin Annie 60 € ausgelobt hatte. Diese heißbegehrte Auszeichnung ging an Franka alias Frank Wiese, die die gemeinschaftlich zur Wahl stehenden Hula-Damen dank ihrer enormen Oberweite auf den zweiten Platz verwies. Abgeschlagen auf Platz drei landete eine gewisse Mathilda, die dem Autor dieser Zeilen jedoch nicht näher bekannt ist. Dass auch diese 60 € im Spendenpool landeten, versteht sich von selbst.

Da die Vereine Mainzer Höhe und Nullouvert68/Atout diesen auch noch um jeweils rund 100 € anreicherten, konnten die veranstaltenden Ladykracher am Ende stolze 1192,50 € für die Kinder- und Jugendarbeit verbuchen, die sie dem Jugendwart Helmut Hagen gerne ausgehändigt hätten. Helmut aber konnte aus gesundheitlichen Gründen leider nicht da sein. Ich denke, ich spreche im Namen aller Anwesenden, wenn ich schreibe: Lieber Helmut, wir wünschen Dir baldige Genesung und hoffen, dass die Kunde vom Erfolg des diesjährigen Herren im Rock Dir viel Freude bereitet. Denn Freude ist die beste Medizin.

Mathilda / Matthias Lehmann